(Annalena)
…also eigentlich waren es zwei Nächte, aber der Ohrwurm war natürlich dennoch vorprogrammiert und ständiger Begleiter auf unseren Wegen durch die engen mit kochenden Thais, desorientierten Backpackern und umherhängenden Kabeln geschmückten Straßen. Eine merkwürdige Mischung aus Abgasgestank und dem Geruch fremder Gewürze steht in der Luft und wird gelegentlich mit einer zumindest versuchsweise kühlenden Brise umhergeweht. Die Stadt vibriert, alles ist geschäftig und wenn man über die Straße will, kann man sich weder auf Ampeln geschweige denn Zebrastreifen verlassen, sondern muss sich entweder an die unbeeindrucktem Thais halten, auf ein sich erbarmendes Tuk Tuk hoffen oder selbst tausendmal schauen und mutig den ersten Schritt wagen.
Das hier so einiges anders läuft, stellten wir bereits fest, als wir am Flughafen in ein Taxi stiegen, dem Fahrer die Adresse unseres Hostels zeigten und dieser uns mit Händen uns Füßen und ein paar Brocken Englisch Verstehen zu geben versuchte, dass er die Telefonnummer brauche. Diese rief er alsdann an und ließ sich den Weg erklären – Karten oder gar Navigationssysteme scheint hier keiner zu haben. Letztendlich landeten wir in einer etwas merkwürdig aussehenden Nebengasse, allerdings tatsächlich in einem Hostel mit dem richtigen Namen. Die beiden Thais an der Rezeption verstanden leider kein Wort Englisch, sodass wieder zum Telefon gegriffen und die Besitzerin angerufen wurde. Sie sagte unser Zimmer sei bald fertig und wir sollen es uns gemütlich machen. Nun saßen wir da neben einem kitschig goldenen Minischrein in einem zur Straße offenen Raum und fühlten uns ein bisschen bis ziemlich verloren. Wie sich beim nächsten Telefonat mit der Besitzerin herausstellte, hatte sie den Taxifahrer zum falschen Standort des Hostels geleitet. In einer halben Stunde Thaiansage (bzw. in über einer Stunde tatsächlich vergangener Zeit) holte sie uns gemeinsam mit ihrem Mann und deren zauberhafter kleiner Tochter ab, quatschten die Fahrt über auf perfektem Englisch mit uns und brachten uns in einen weniger zwielichtigen Teil der Stadt und in ein klimatisiertes Hostel mit geschlossenen Räumen und liebevoller kulturschockauffangender Einrichtung. Nach einigem Durchatmen wagten wir uns alsdann auf die Straße und in ein großen Shoppingcenter, das mich aufbautechnisch sehr an China erinnert: kleine Stände unendlich scheinender Anzahl mit immer den gleichen Thaipants, Blusen, Flip-Flops und Souvenirs. Nachdem wir uns für wenige Euro eingedeckt hatten, gab’s das erste Pad Thai im Food Court, das ich gewürztechnisch etwas befremdlich und die anderen ganz lecker fanden. Um nicht auf dem Tisch einzuschlafen (die Zeit wollte einfach nicht vergehen….) machten wir uns auf den Weg zum Bahnhof, um uns nach Zugtickets zu erkundigen. Auf halber Strecke wurden wir allerdings von einem super netten und hilfsbereiten Thai angequatscht, mit Tipps überhäuft und prompt in ein Tuk Tuk zum Spottpreis gesetzt, dessen Fahrer uns zur Touristinformation fuhr und dort drei Stunden vor der Tür wartete während wir uns drinnen beraten ließen, skeptisch den telefonierenden Berater beäugten und schließlich doch Julis Flug nach Bangkok und Debbys nach Neuseeland buchten. Mit einem Abendsnack von 7Eleven gings dann völlig erledigt ins Hostel und nach weiterem Geradesowachhalten endlich ins lang ersehnte Bett.
Für die Bahntickets fuhren wir dann doch wie geplant und diesmal mit dem Bus zum Bahnhof und ließen uns wieder unwissend wie wir sind von einer Thai in ein Reisebüro entführen. Diesmal immerhin so schau, die Preise mit denen am Schalter zu vergleichen, entschieden wir uns letztendlich dennoch dafür, die Tickets im Reisebüro gesammelt für einen kleinen Aufpreis zu erstehen, statt das Bahnticket in Bangkok, das Busticket in Sura Thani und das Fährenticket in Krabi kaufen zu müssen.
Stolz über eine Entscheidung ging’s weiter in DIE Backpackerstraße namens Khao San Road, ausgestattet mit allem was das Backpackerherz begehrt (ähnlich wir im Shoppingcenter) und letztendlich weniger überfüllt als erwartet. Wieder erstanden wir ein paar sommerliche Thai(Touri)Klamotten, schnabulierten europäisch angehauchte Thaigerichte und tranken den ersten Fruchtcocktail. Mit Crushed Ice. Und ohne anschließenden Durchfall! Alsdann fing uns mal wieder ein Thai ab und steckte uns in ein noch günstigeres Tuk Tuk, das uns in eine merkwürdige Gasse am Hafen brachte, in der uns zwei Thais zu einer völlig überteuerten Touribootstour überzeugen versuchten. Wir lehnten mehrfach dankend ab und landeten stattdessen ganz in der Nähe in unserem ersten wunderschönen Tempel: Wat Po. Andächtig stapften wir durch die Wege der Anlage und bestaunten all die detailliert mit Gold und Mosaiksteinen beschmückten Gebäude, die prunkvollen Altare und golden glänzenden Buddhas darin. Besondere Faszination galt dem gigantischen liegenden Buddha, den wir kaum mit der Kamera aufzunehmen vermochten. Als es langsam dunkel wurde, tauchten Scheinwerfer die gesamte Tempelanlage in sanftes güldenes Licht und wir machten uns mit müden Fußen und glitzernden Augen auf den Weg zurück ins Hostel. Dieses Mal mit einer kleinen und einer größeren Fähre sowie der Metro.
Am letzten Tag in Thailands Hauptstadt fuhren wir mit dem Bus zum 32 Meter hohen Luang Pho Tho (eine stehende Buddhastatue) im Zentrum des Wat Intharawihan (Tempel). Größentechnisch sehr beeindruckend, proportional allerdings etwas fragwürdig (vor allem hinsichtlich der Tiefe..). Abgesehen von einem weiteren Tempel wagten wir uns zudem in das erste authentisch thailändische Minirestaurant direkt an einer kleinen Straße, dessen als „just-a-little-bit-spicy“ angekündigten Nudeln uns allen den Schweiß auf die Stirn und Gianna Tränen in die Augen trieb und hektisch atmen ließ. Lecker war es dennoch. Und unsere Mägen: stabil!
Auch wenn wir im Vorhinein einiges über Touri-abzockende Tuk Tuk Fahrer und Touristenpreise gelesen hatten, blieb wohl etwas deutsche Naivität übrig. Dass die ach so netten Thais mit großer Wahrscheinlichkeit taktisch zwischengeschaltet werden, um die deutschen Skepsis zu umgehen und der Tuk Tuk Fahrer vom Reisebüro Provision und Benzin erhält, wenn wir etwas kaufen und dafür völlig unbeeindruckt auch mehrere Stunden wartet, schwante uns dann auch so langsam… Skeptisch sein und ständig die Preise verhandeln zu müssen macht wenig Spaß, aber auch daran werden wir uns wohl mit der Zeit gewöhnen. Und schließlich bleiben auch die wirklich einfach herzlichen Thais wie unsere Hostelbesitzer, das Zurücklächeln jedes einzelnen, dem man auf der Straße begegnet und die unendliche Freude über das hier unübliche Trinkgeld von 10 Baht (26 Cent) im kleinen Straßenrestaurant.
Nach dem Gewusel in Bangkok kommen wir nun auf der idyllischen Insel Koh Lanta zur Ruhe. Was letztendlich aus der gebuchten Zug-Bus-Fähre-Reise hierher wurde und wie und womit wir die nächsten Inseltage verbringen werden, erfahrt ihr im nächsten Beitrag.
Sonnigste Grüße an euch!
Ich musste schon ein bisschen schmunzeln, als ich gelesen hab, dass ihr gleich mehrfach in Tourist Information Läden gelandet seid. ;)
Aber ihr scheint ja nicht allzu doll abgezockt worden zu sein.
Freu mich sehr auf den nächsten Bericht, die Bilder bei Instagram sehen toll aus!
Wer war nochmal Murray Head ? :-)
Hey, abgesehen davon, dass ich diesen Ohrwurm jetzt vermutlich das ganze Wochenende nicht mehr los werde, ein toller Artikel !! Nach Bangkok muss ich jetzt nicht mehr, ist ja gerade so als ob ich dabei gewesen wäre.
Nur, dass ich die Stadt bestimmt nicht genießen könnte, weil ich vor lauter deutscher Skepsis einfach gar nichts kaufen würde :-) Euch weiterhin viel Spaß auf der kulturellen Suche nach dem richtigen Maß zwischen Naivität und Paranoia !!!
Nun hab ich den Ohrwurm auch wieder. macht aber nix, so bin ich irgendwie mit Euch verbunden. :)
Ich könnte ihn mit „Hey, Pippi Langstrumpf“ neutralisieren, aber welche Neutralisierung wäre das denn?! Oh, Mist. Schon passiert.
Freue mich schon sehr auf den neuen auf Euren nächsten Bericht, Bericht. Seid alle vier umarmt!